Gartenbau-Profi Nr. 08/2023

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8 / 2023

Apfeltag am 18. August

Obst Alles um die Kirsche

Gemüse Ressourcen schonen

Zierpflanzen Fit für Social Media

1 Ausgabe GRATIS!

Sonderheft Zwiebel

Obst Neue Sorten vorgestellt

Ge m üse Ohne Beregnung kein Erfolg

Obst Sorten für die Direktvermarktung

Zierpflanzen Trends bei m Verbraucher

Gemüse N-Verluste minimieren

Zierpflanzen Die weiteren Aussichten

Obst Einnetzen von Obstkulturen

Gemüse Agri-Photovoltaik als Chance

Zierpflanzen Die Branche traf sich wieder

Sonderheft Zwiebel

Sonderheft Zwiebel

Sonderheft Zwiebel

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Rheinischer Landwirtschafts-Verlag GmbH Rochusstr. 18 · 53123 Bonn · Tel.: 0228 52006 531 www.gb-profi.de · vertrieb@gb-profi.de

Inhalt 3

Am Kompetenzzentrum Obstbau tut sich was Am Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee wurden in den Jah ren 2021 und 2022 bei den Apfelsorten `Nicoter´/Kanzi ® und `Minneiska´/Sweetango ® Versuche zur Verbesserung der Deckfar be und Ernteverfrühung durchgeführt. Ergebnisse dazu auf den Seiten 10–13. Vielen spannenden Fragen wurde am 19. und 20. August auch auf den KOBstbautagen nachgegangen: Ob Agri Photovoltaik, Bekämpfung von Blutlaus und Pilzinfektionen oder innovative Erziehungssysteme – die Besucher konnten eine Viel zahl neuer Lösungsansätze kennenlernen und auch sehen: Die Suche nach neuen Erkenntnissen hört nie auf – das Wichtigste in aller Kürze zusammengefasst auf den Seiten 20 und 21. 19. Gemüsebau Feldtag in der Pfalz Ein Highlight für die Gemüsebauer ist im Herbst jedes Jahr der Gemüsebau Feldtag in der Pfalz, bei dem sich die Branche trifft und über aktuelle Sorten, neue und bewährte Technik sowie erste Ergebnisse diverser Versuche informieren und austauschen kann. Der Feldtag findet am 14. September 2023 statt und die Vorbereitungen der Organisatoren laufen auf Hochtouren. Wäh rend Enza Zaden so gut wie in den Startlöchern steht, ist beim DLR Rheinpfalz allerdings noch ungewiss, in welchem Rahmen dieses Jahr der Feldtag am Queckbrunnerhof stattfinden kann. Insgesamt sorgt der Feldtag für ein buntes Programm und bietet der Branche eine Gelegenheit, sich zu treffen, zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen. Mehr dazu auf Seite 33. Historische Entscheidung: Niederlande beenden Gasförderung Es ist ein historischer Schritt, auch wenn die Entscheidung erwartet worden war: Nach mehr als 60 Jahren stoppen die Nie derlande zum 1. Oktober die Förderung von Erdgas in der nord östlichen Provinz Groningen. Grund sind die großen Schäden durch zahlreiche Erdbeben. „Wir drehen den Hahn echt zu“, erklärte Staatssekretär Hans Vijlbrief Mitte Juni in Den Haag. Zunächst werde das Gasfeld aber als Notreserve für Engpässe erhalten bleiben. Ab Oktober 2024 würden die Förderanlagen abgebrochen. Wie und wo die Förderung dennoch weitergehen könnte, können Sie auf S. 37 nachlesen.

Obst

Nicht nur Erdbeeren …

6

Apfeltag am 18. August

9

Verbesserung der Ausfärbung und Ernteverfrühung

10

Blick auf Herbizide, Sorten, Bewässerung, Schnitt und Marktlage

14

Weniger Lebensmittelabfälle bei Transport und Lagerung

17

Obst ist im Hofladen begehrteste Warengruppe

18

Viele spannende Fragen auf den KOBstbautagen

20

Pflanzenschutz

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Gemüse

Zwei Tierspezialisten setzen auf Gemüse

23

Beikrautmanagement im Feldgemüsebau mit spritzbarem Mulchmaterial

25

Bewässerung ganz gezielt einsetzen

26

Wasser in der Fläche halten

27

Ressourcen schonen

28

Mulchfeldtag der LWG Bamberg

30

Den Traum leben

32

19. Gemüsebau Feldtag in der Pfalz

33

Nährstoffe aus Stadtwasser als Pflanzendünger?

34

Pflanzenschutz

35

Zierpflanzen

„Mit einem blauen Auge davon gekommen“

37

Nachhaltigkeit muss in all ihren Facetten nachhaltig sein

38

spoga+gafa knüpft an Rekordergebnis an

38

Die ersten der Saison

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Nicht nur die Sonne lachte

42

Schnittblumenbranche befindet sich mitten im Wandel

44

Hinweis:

Zum Titelbild:

LJV Seminar „Fit für Social Media“

46

Pflanzenschutz

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Dieser Ausgabe liegt das Sonderheft Zwiebel bei, welches wir unseren Lesern zur Beachtung empfehlen.

Beim Apfeltag am 18. August in Klein Altendorf spielt auch Technik wieder eine große Rolle Foto: Valenta

Blickfeld

Persönliches

50

Termine

51

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4 Kommentar

Woher sollen unsere Produkte in Zukunft kommen?

Thomas Kühlwetter

Im Juli wüten auf der Insel Rhodos und in anderen südlichen Gebieten und Regionen die Feuer, Temperaturen über 45 °C machen den Alltag dort und das Leben für Menschen, Tiere und Pflanzen schwer und manchmal unerträglich. Nach einem Hitze rekord im Juni erleben weite Teile Europas einen ihrer heißesten bzw. den heißesten Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. In weiten Teilen Spaniens führen Hitze und ausbleibende Nie derschläge zur Austrocknung von Böden, Flüssen und Wasser speichern. Das Thema wird nicht nur hier diskutiert, es ist auch in einigen Regionen Spaniens zu einem großen Politikum, das maßgeblich auch den Wahlkampf beeinflusst, geworden. Würde die Temperatur um 2 °C ansteigen, wären nach vorläufigen Prog nosen über 60 % der Fläche Spaniens versandet. Ein ähnliches Bild wie in Spanien zeigt sich in anderen Regio nen des Südens. Die Folgen sind weitreichend. Betrachtet man

mischen Produktion befinden. Spricht man mit Verbrauchern oder Politikern und wichtigen Entscheidungsträgern, die mit ihrem Handeln in hohem Maße bestimmen, wie die Rahmenbe dingungen von Gegenwart und Zukunft gestaltet werden, so gewinnt man leider häufig den Eindruck, dass Ihnen wesentliche Hintergründe fehlen oder die Zusammenhänge nicht erkannt werden. Dies ist besonders dann bedauerlich wenn es um Fragen der Wettbewerbsfähigkeit geht. Wenn Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir z.B. den Entwurf der EU Kommission einer neuen Ver ordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmit teln (Sustanible Use Regulation SUR) als in dieser Form für Deutschland nicht umsetzbar bezeichnet, ist dies zunächst ein mal positiv zu bewerten. Der Äußerung des Ministers ist ein intensiver fachlicher Austausch, an dem Branchenverbände wesentlichen Anteil hatten und haben, vorausgegangen. „Es wurden handwerkliche Fehler begangen, z.B. bei der Auswei sung sensibler Gebiete. Wenn die Verordnung so umgesetzt würde, gäbe es in Deutschland wahrscheinlich keinen Weinbau und keine Sonderkulturen oder deren Anbau könnte nur noch auf wenigen Flächen stattfinden. Das kann nicht unser Ziel sein“, betonte der Minister vor wenigen Tagen bei einem Termin am Pfalzmarkt. Nicht vergessen darf man in der heftig geführten Debatte um SUR jedoch, dass z.B. die für die Grünen in Österreich ins EU Parlament entsandte Abgeordnete Sarah Wiener, Berichterstatte rin der EU Kommission, für den Vorschlag ist und diesen inhalt lich vehement verteidigt, jüngst sogar eine weitere Verschärfung gefordert hat. Dies ist sicher nur ein Beispiel dafür, wie stark die Fronten zwischen politischer Zielsetzung und Äußerungen erfahrener Branchenkenner voneinander abweichen. Klar sollte jedoch allen Beteiligten sein, dass die Vorzeichen sich gegenwärtig deutlich verschieben – dies gilt nicht nur für das Klima, das den Anbau von Sonderkulturen in einigen wichtigen Regionen Europas erschweren oder unmöglich machen könnte. Der Schutz der Umwelt muss in der Gegenwart und Zukunft für uns alle höchs ten Stellenwert haben, die Ernährungssicherung dabei aber nicht auf der Strecke bleiben. Dies muss allen Verantwortlichen bewusst sein.

Klimaveränderungen und Wassermangel werden den Anbau von Sonderkulturen in einigen wichtigen Anbauregionen in Zukunft deutlich erschweren.

nur einmal die Auswirkungen auf die Versorgung Europas mit Obst und Gemüse, so sind schon jetzt die Folgen spürbar. In Deutschland beträgt der Selbstversorgungsgrad bei Obst 20 %. Im vergangen Jahr wurden ca. 6,2 Mio. t Obst nach Deutschland importiert. Darunter sind natürlich auch Bananen oder Zitrus früchte, die hier wohl auch in absehbarer Zeit nicht angebaut werden können. Es sind aber auch zahlreiche Stein und Beeren obstarten oder Äpfel, die meist zeitversetzt zur deutschen Saison, bedauerlicherweise aber auch häufig während der einheimi schen Saison, weil die Produktion in Spanien, Marokko, Italien, der Türkei,..., kostengünstiger zu erstellen ist, eingeführt werden. Beim Gemüse ist die Bilanz ähnlich, wenn auch nicht ganz vergleichbar, denn mit 36 % liegt die Selbstversorgung etwas höher als beim Obst. Die Niederlande und Spanien sind beim Import nach Deutschland die größten Handelspartner. 46 % des nach Deutschland importierten Gemüses stammt aus EU Staa ten. Lediglich beim Weiß und Rotkohl übertrifft die deutsche Produkten mit 112 % den Grad der Selbstversorgung. Und obwohl die Tomate mit einem Jahresverbrauch von ca. 30 kg/ Person die beliebteste Gemüseart der Deutschen ist, liegt der Selbstversorgungsgrad bei lediglich 3,5 %. Für Branchenkenner sind diese Zahlen sicher nicht neu, obwohl sie immer wieder verdeutlichen, wo wir uns mit der hei

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Aktuelles 5

Pfalzmarkt setzt auf nachhaltige Energie Am 21. Juli besuchte Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Land wirtschaft, den Pfalzmarkt für Obst und Gemüse eG, um sich – aus der Perspekti ve der Erzeuger – vor Ort in Mutterstadt über die anstehenden Herausforderungen und Chancen im größten heimischen Freilandanbaugebiet für Frischgemüse zu informieren. Mit einem der europaweit größten und modernsten Vermarktungs zentren für Obst und Gemüse zeigt der Pfalzmarkt, dass der Anbau mit kurzen Wegen – ganz nah am Handel und den bundesweiten Verbrauchern – nachhaltig Früchte trägt. Mit einer Leistung von 3,2 MW in der Spitze entsteht derzeit in Mutterstadt eine der größten Aufdach Fotovoltaik Anlagen der Pfalz. Die Kosten für das regenerative Energieprojekt liegen bei 2,5 Mio. Euro. Der erzeugte Strom wird ausreichen, um den kompletten Energiebedarf der Halle 4 tagsüber abzudecken. Die Lagerfläche der neuen „Drehscheibe für Frischelogis tik“ umfasst 30 000 m², wovon 20 000 m² gekühlt sind.

Mit einer Leistung von 3,2 MW in der Spitze entsteht derzeit auf dem Gelände des Pfalzmarktes eine der größten Aufdach-Photovol taik-Anlagen der Pfalz. Der erzeugte Strom wird ausreichen, um den kompletten Energiebedarf der Halle 4 tagsüber abzudecken.

Zur weiteren Energieoptimierung betreibt Pfalzmarkt eG eine Ammoniak Kälte Anlage, die als besonders effiziente und nachhaltige Kühltechnik gilt. „Nach aktuellen Planungen soll die 190 x 180 m große Anlage Ende 2023 ans Netz gehen“, sagt Hans Jörg Friedrich, Vorstand bei Pfalzmarkt eG. „Die Genossenschaft Pfalzmarkt ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie zukunftsfeste Geschäftsmodelle funktionieren können“ , betonte Cem Özdemir. Mehr zum aktuellen Projekt des Pfalzmarktes und zum Besuch von Minis ter Özdemir erfahren Sie in der nächsten Ausgabe. ◻

Minister Cem Özdemir: „Die Genossenschaft Pfalzmarkt zeigt, wie zukunftsweisende Geschäftsmodelle funktionieren können.“ (v.l.n.r.) Christian Deyerling, Aufsichtsratsvorsit zender des Pfalzmarktes, Vorstand Reinhard Oerther, Minister Cem Özdemir, Vorstandsrefe rent Constantin Küpker und Vorstand Hans-Jörg Friedrich Fotos: Kühlwetter

Aktuelles DOGK am 19. und 20. September 2023

Der DOGK 2022 ließ das Onlineintermez zo der Corona Jahre vergessen: Rund 450 Teilnehmende nutzten die Gelegen heit, neue Kontakte zu knüpfen und sich über Trends, aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze zu informieren und waren voll des Lobes: „Insgesamt ein sehr hilfreiches und interessantes Event. Die persönlichen Begegnungen am Montag abend und zwischendurch, ebenso wie das Vortragsprogramm empfand ich als sehr wertvoll.“ Und so startet auch die 2023 Edition mit einer Exkursion, dieses Mal in Rich tung Westen Anfang März 2023 war es soweit: Der ehemalige real Markt in Wesel wurde auf die Fahne von Globus umge flaggt und wiedereröffnet. In der mehrmo natigen Umbauphase wurde das gesamte Gebäude komplett erneuert. Die Obst und Gemüse Abteilung spielt im Konzept der Marktführung eine zentrale Rolle. Im Rahmen des 13. Deutschen Obst & Gemüse Kongresses wird es am 19. Sep tember 2023 möglich sein, einen Blick in

und ein wenig hinter die Kulissen zu wer fen. Es folgt das traditionelle Get together, dieses Mal in Dr. Thompson´s in den Schwanenhöfen, Erkrather Straße 230, 40233 Düsseldorf mit der Verleihung der Fruchthandel Magazin Retail Awards in den vier Kategorien Supermarkt, Dis count, SB Warenhäuser und Bio, bevor es am Mittwoch, den 20. September 2023 dann endgültig ernst wird: Auf Christian Hamerle mit “Ernährungs wende – Aufbruch in ein fruchtbares Zeital ter!“ folgt Ramona Swhajor mit „Metaver se – Chancen und Risiken“ und Harrij Schmeitz mit „From Farm to Fork“. Nach der Kaffeepause dann Prof. Dr. Martin Fassnacht mit „Herausforderndes makro ökonomisches Umfeld: Was ist zu tun?“ und kurz vor der Mittagspause Ulrike Singer mit „Der Markt. Obst & Gemüse Konsum in Deutschland – Zahlen, Trends und Fakten“. In die Pause integriert ist die Expert Stage und in den anschließenden Break out Session wird es deutlich interaktiver,

z. B. bei „Von Miniröcken, Minitomaten und der wirtschaftlichen Lage“ oder bei „Nachhaltigkeit ganz praktisch“ und „Transparenz durch oder trotz Digitalisie rung“ und „Regionalität vs. Importe“ sowie dem „POS Talk. Sortiment – Mar ke – Konsument“. Tim Jacobsen

Direkt zu Programm und Anmeldung

Vielleicht die überhaupt treuesten Aussteller beim DOGK: die Mitar beiter vom Bonner Zertifzierungsunternehmen QS Foto: Jacobsen

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6 Obst

Strauchbeerenrundgang in Auweiler

Nicht nur Erdbeeren… Es gibt schließlich auch noch Him- und Brombeeren, sowie Johannis- und Heidelbeeren. Zu all diesen Kulturen werden am Versuchszentrum Gartenbau der Landwirtschaftskammer NRW in Köln-Auweiler Versuche durchgeführt. Anfang Juli konnten sich Anbauer und Berater dort über aktuelle Ergebnisse informieren.

Sarah Meyer, LWK NRW, stellte zunächst die Versuche im Bioanbau vor. Bei den Himbeeren werden Topfgrünpflanzen mit Long Canes verglichen, kultiviert werden beide Varianten mit 5 Ruten/lfm. Die Ruten für die Herbsternte werden dabei mit hochgezogen, während der Sommer ernte überragen sie bereits die alten Ruten. Gedüngt wird mit einem ökologi schen Flüssigdünger, gegen Spinnmilben kommen, monatlich eingesetzt, Raubmil ben zum Einsatz. Da die Pflanzen im Bioanbau nicht ausschließlich in Substrat kultiviert werden dürfen, sondern die Möglichkeit haben müssen, in den Boden einzuwurzeln, wachsen sie in Auweiler im Tunnel in einer Rinne. Diese ist mit Sub strat gefüllt, aber die Wurzeln können auch in den Mutterboden einwurzeln. Eine reine Bodenkultur hätte den Nach teil, dass die Fläche nicht mehrfach hintereinander für die Himbeerkultur genutzt werden kann bzw. der Tunnel weiterwandern müsste. Mit der Substrat rinne wird es so gehandhabt: Nach der Kultur werden die Wurzeln am Rand abgestochen und die Pflanzen mitsamt Substrat entfernt, danach kann neu auf gepflanzt werden. „Es ist eine halbe Sub stratkultur“, fasst Ludger Linnemannstöns zusammen. Das Substrat besteht aus Kokosfasern, Torf, Holzfasern sowie Perli te. Mit denselben Pflanzen sind bis zu fünf Ernten möglich, dann sollte neu gepflanzt werden, da die Erträge stark zurückgehen und phytosanitäre Probleme zunehmen. Die Bio Heidelbeeren wurden im Herbst vergangenen Jahres in zwei Varianten neu aufgepflanzt: Eine Reihe steht in einem kleinen Damm, der mit Bändchengewebe abgedeckt ist, um Unkraut zu unterdrü cken. Die andere Reihe wurde in Töpfe gepflanzt, die zur Hälfte im Boden ver senkt wurden. Hier kann man – so die Theorie – mit dem Freischneider um die Pflanzen mähen, ohne Triebe zu verlet zen. Weiterer positiver Effekt der umge benden Erde: Die Wurzeln sind vor Frost geschützt. Zur Überwinterung im Freien riet Ludger Linnemannstöns, LWK NRW, Heidelbeeren

mindestens 20 l Container zu wählen und darauf zu achten, dass das Substrat vor angekündigtem Frost nicht ganz trocken ist. Für die Winterhärte ist außerdem wichtig, dass die Pflanzen nicht „zu gut ernährt“ sind, so der Experte. Andernfalls schließen die Triebe nicht richtig ab und sind noch gefährdeter bei Frost.

Himbeersorten unterscheiden sich im Geschmack, der Fruchtgröße der –farbe, dem Glanz, der Bereifung und – nicht zu ver gessen – in Ertag und Krankheitsanfälligkeit

Damm oder Container?

Peter Stremer, LWK NRW, ist in Auweiler u. a. für das Heidelbeerquartier zuständig. Er erläuterte, wie der Damm für die Hei delbeeren am Versuchszentrum aufge baut wurde: In eine schmale Rinne wird grober Rindenhäcksel als Drainage einge bracht, darüber kommt Weißtorf als Sub strat. Dieser wird zu einem breiten Damm geformt und mit Rindenmulch abgedeckt. Die Erde unter der Pflanzrinne wurde vorher „abgeschwefelt“, damit die Wur zeln dort auch einwachsen können. Das verbessert dann zum einen die Wasser aufnahme, gibt den Pflanzen zum ande ren auch deutlich mehr Stabilität (v. a. bei starkem Wind). „Über die Mengen Weiß torf kann man sicherlich streiten, wir haben 150 m³/ha verwendet“, so Peter Stremer. Unkraut wird (bei Einzelpflan zen) manuell oder mittels Herbizideinsatz chemisch bekämpft. „Die Dammkultur hängt am Herbizidsystem“, ist sich Lud ger Linnemannstöns sicher, und ergänzt: „Fallen noch mehr Wirkstoffe weg, wird es mit der Unkrautbekämpfung schwierig. Mechanisch kann man das am Damm nicht machen.“ `Duke´ ist laut Peter Stremer immer noch der Standard bei den frühen Sorten. `Valor´ ist eine späte Sorte mit sehr großen Früchten. Besser im Geschmack ist laut Stremer `New Hanover´. Die Anbauemp fehlung aus Auweiler lautet: `Duke´, gefolgt von `Calypso´, `Liberty´ und evtl. `Last Call´. Allerdings neigt die geschmack lich gute Sorte `Liberty´ zu Kleinfrüchtig keit – v. a. bei Hitzestress.

Ludger Linnemanns töns erläuterte die Unterschiede zwi schen Cutback, Mowdown und Growthrough – „Himbeersprache“ eben

det. Hier ist die Ernte sehr zeitaufwendig. Gerade vor dem Hintergrund steigender Löhne und schlechterer Verfügbarkeit von Erntehelfern drängt sich da die Möglich keit einer Maschinenernte auf. Vollernter sind aber teuer und lohnen sich nur für große Flächen. Eine Maschine für das maschinelle Schütteln der Sträucher fand Peter Stremer bei der Fa. Stihl, die neben den bekannten Motorsägen auch Kaffee schüttler vertreibt. Auf einem Multifunktionsgerät wird ein „Rechen“ aufgesteckt, der die Zweige mit Elektro oder 2 Takt Motorantrieb schüt telt. Die Intensität der kurzen Impulse lässt sich einstellen bzw. über den Gashe bel regulieren. Messungen in Auweiler haben gezeigt, dass die Schüttelmethode 7 9 Mal schneller ist als die Handernte. Allerdings müssen anschließend noch Blätter und unreife Beeren aussortiert werden, was wiederum etwas Zeit kostet. Der Kaffeeschüttler kann auch – mit anderen Aufsätzen – für Schwarze Johan Noch ist `Duke´ Standard, aber zahlreiche Sorten stehen in Auweiler auf dem Prüf stand

Schütteln statt pflücken

Sarah Meyer betreut in Auweiler u. a. die Biobeeren Versuche

Bereits seit 2008 in der Sortenprüfung ist `Reka´, die leider eher kleine Früchte bil

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Obst 7

Mit dem „Kaffeeschüttler“ hat man in Auweiler gute Erfahrungen bei Heidelbeeren gemacht

nisbeeren oder Sauerkirschen verwendet werden. Zudem lässt sich das Grundgerät mit zahlreichen anderen Werkzeugen der Fa. Stil kombinieren. Zur Verfrühung von Heidelbeeren läuft in Auweiler ein Versuch im Doppelfolien haus mit verschiedenen Sorten, u. a. auch Southern Highbush Typen wie `Colibri´. Diese überzeugen durch guten Geschmack und hohe Erträge (gut 3 kg/ Strauch von Ende Mai bis Anfang Juli). Die bei uns nicht ganz winterfesten Sorten werden in Auweiler frostfrei gehalten, ihr Kältebedürfnis liegt bei ca. 200 Kältestun den – im Gegensatz zu den sonst in Deutschland gepflanzten Sorten mit 1 000 Stunden. Ludger Linnemannstöns stellte verschie dene Kulturverfahren für Herbsthimbee ren vor. Üblicherweise werden Topfgrün pflanzen Anfang April im Tunnel/unter Regenkappen gepflanzt. Geerntet wird dann an der diesjährigen Rute ungefähr ab 20. August – praktisch an der Spitze der Ruten. Diese werden dann nach der Ernte etwas zurückgeschnitten (Cutback) und für die Ernte im nächsten Jahr weiter kultiviert. Überwintert werden können die Pflanzen (im Container) entweder im Haus oder in der Kühlung. Bei der Weiterkultur werden die Pflan zen dann weiter gestellt – mit 4,5 Ruten/ lfm. An den neu ausgetriebenen Lateralen wird im Frühjahr geerntet. Zugleich lässt man einige neue Ruten hochwachsen (Growthrough), die wiederum im Herbst eine Ernte bringen. Diese Ruten werden wieder eingekürzt und weiterkultiviert oder als Mow Down komplett zurückge schnitten. Die im Folgejahr austreibenden Ruten werden auf 3 4 Stück/Container vereinzelt und mit 9 Ruten/lfm weiterkulti Kulturverfahren bei Himbeeren

viert. Das ist zwar zeitaufwendig, aber es muss nicht in neue Pflanzen investiert werden. Die Ernte der Mow Down Pflan zen erfolgt in der Regel zwei Wochen frü her als bei frisch getopften Jungpflanzen. Insgesamt lassen sich mit diesem System mit einem Satz Jungpflanzen innerhalb von drei Jahren Kultur vier Ernten einfah ren. Dann sollten die Pflanzen ausge tauscht werden, da die Erträge und Fruchtgrößen mit der Zeit deutlich nach lassen. Bei den Sommerhimbeeren wies Simon Schrey, LWK NRW, noch auf einen Ver such zur Pflanzdichte hin. Standardmäßig werden Sommerhimbeeren mit 6 Ruten/ lfm gesetzt. Im Versuch zeigte sich dann, dass mit 4,5 Ruten/lfm fast die gleichen Erträge erzielt werden können. Die einzel nen Triebe bekommen bei dem weiteren Stand mehr Licht, bilden mehr Blüten und somit mehr Früchte – so Schreys Erklärung. Auch mit der Rutenlänge liefen in Auweiler Versuche. Im Freiland wurden Himbeerruten auf 1,50 m und 1,70 m gekürzt. Mit den kürzeren Pflanzen sollen Pflückkosten gespart werden, da die Ern te komplett vom Boden aus erfolgen kann. Im Ertrag konnte in den Varianten kein Unterschied gemessen werden. Laut Simon Schrey reichen für einen Vollertrag ca. 70 Laterale/lfm aus, was 14 15 Latera len pro Rute entspricht. Für die Brombeerkultur werden in Auwei ler die Long Canes selbst aus überwinter ten Topfgrünpflanzen herangezogen. Im 4,7 l Container werden dafür pro Topf jeweils drei Triebe an zwei Tonkinstäben gebündelt und nach oben gezogen. Die Bündelung bleibt dann auch während der Kultur bestehen – das spart Arbeits zeit und stört die Pflanzen nicht. Die fer Brombeeren

tigen Long Canes werden dann nach der Entlaubung eingefroren. Das Entfernen der Blätter, z. B. mittels Laubbläser, ist notwendig, damit die Pflanzen im Kühl raum nicht „weggammeln“. Sie darf aber erst erfolgen, wenn auch der natürlich Blattfall eingesetzt hat, andernfalls kommt es zu Verletzungen an den Trie ben. Als Neuheit in der Sortenprüfung bei Brombeeren ist `Sweet Royalla´, die 7 10 Tage vor `Loch Ness´ reift. Allerdings liefert sie etwas weniger Ertrag, wächst ins gesamt kompakter – und auch Nachkaufverhalten führen könnte. Bei der verwendeten Topf größe (im geschützten Anbau) gaben die Anbauexperten folgenden Rat: Entweder während der Kulturdauer im 4,7 l Container lassen – hier gibt es allerdings weni ger Pufferspeicher – oder bereits die Anzucht im 7,5 l Container machen, damit die Pflanzen gut durchwurzelt in die Kultur starten. die Ernte erfolgt in einem kompakten Zeitfenster. Ihr Geschmack ist aber deutlich süßer als bei `Loch Ness´, was zu einem besseren

Die Bio-Heidelbeer reihen sollten durch Abdecken des Damms oder Mähen um die Töpfe unnkrautfrei bleiben

Wie bei jeder maschinellen Ernte muss danach sor tiert werden

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8 Obst

den Pflanzen nichts anhaben. Der Ablauf der Kultur ist so: Die Anzucht der Pflan zen (60 80 cm langes bewurzeltes Steck holz) erfolgt im 7,5 l Container auf einem Anzuchtfeld Topf an Topf. Im zweiten Jahr werden die Töpfe dann auf die eigentliche Kulturfläche mit einem Abstand von 3,00 x 0,40 m umgesetzt. Durch die Vorkultur im Container und die eintriebige Erzie hung erreiche man bereits im Jahr der Pflanzung 70 % eines Vollertrags. In Auweiler geht man davon aus, dass sich solche Topfpflanzen sieben bis acht Jahre nutzen lassen. Auf einem kleinen Anzuchtfeld könnte dann schnell und einfach für Nachschub gesorgt werden. Da die Kultur bodenun abhängig ist, kann auch immer wieder derselbe Standort verwendet werden. heit in einigen Anbauregionen auch von kleineren Fruchtgrößen. Ohnehin ist das Thema Trockenheit ein ungewisser Faktor bezüglich des weiteren Saisonverlaufs. Ein anderes Thema ist die Kostensteige rung, denen sich die Branche seit Jahren zu stellen hat. Nach Angaben des Statistischen Bundes amtes fiel die Erntemenge an Pflaumen und Zwetschen in Deutschland im ver gangenen Jahr mit rund 46.800 t nicht nur um 17 % größer aus als im Jahr zuvor, auch das Fünfjahresmittel wurde um 7 % übertroffen. Die als Vollerhebung durchgeführte Erfassung der Anbaufläche lieferte ein Ergebnis von 4.139 ha. Damit zeigt sich im Vergleich zur vorherigen Vollerhebung aus dem Jahr 2017 eine Flächenreduktion von 52 ha oder 2 %. Auch im Vergleich mit dem Vorjahr wird ein Minus von 1 % deutlich. Tendenziell zeigt sich die Anbauentwicklung im Süden rückläufig. Alte Anlagen mit Sorten wie Elena und Ersinger werden zum Teil gero det und moderat mit neuen Sorten aufge pflanzt. Führendes Bundesland im Anbau der blauen Früchte ist Baden Württemberg mit knapp 1.700 ha gefolgt von Rhein land Pfalz und Nordrhein Westfalen. Zusammen stellten diese drei Bundeslän der zuletzt einen Anteil von 71 % an der bundesweiten Anbaufläche von Pflaumen bzw. Zwetschen. Bezogen auf die Ernte menge hatten diese drei Bundesländer einen Anteil von 68 % inne. An der gesamten Anbaufläche von Baumobst in Deutschland hatten Pflaumen/Zwetschen im vergangenen Jahr einen Anteil von 8 %. Agrarmarkt Informations Gesellschaft mbH Marion Valenta

`Sweet Royalla´ ist, wie der Name schon sagt, eine süß schmeckende Brombeersorte. Sie wächst kompakter als `Loch Ness´ und reift etwas früher Fotos: Valenta

Johannisbeeren

Seit einigen Jahren bereits stehen in Köln Auweiler eintriebig gezogene Rote Johan nisbeeren in Containern – das ganze Jahr über ungeschützt im Freien.

Nun ist Köln ja nicht gerade für seine strengen Winter bekannt – aber auch bei einem Test im Kühlraum konnten Tempe raturen von 15 °C über mehrere Tage

Marktsplitter Zwetschen – überdurchschnittliche Zwetschenernte in Sicht

Ende Juni startete in Deutschland die Zwetschensaison in den klimatisch begünstigten Lagen Süddeutschlands. Somit ist das deutsche Sommerobstsorti ment komplett. Jahr für Jahr führt die AMI im Vorfeld der Zwetschenernte eine Befragung unter repräsentativen Erzeugerorganisationen, die Zwetschen vermarkten, durch. Laut dieser Prognose dürfte das Angebot in dieser Saison 23.550 t erreichen, was nicht nur einem Anstieg von einem Viertel zum Vorjahr entsprechen würde. Auch das Fünfjahresmittel würde damit um 21 % übertroffen werden. Demnach steht ein gutes Ertragsjahr ins Haus, welches jedoch nicht ganz an die Mengen aus

dem Jahr 2018 heranreicht, in dem rund 27.700 t Zwetschen vermarktet wurden. Bei den verschiedenen Reifegruppen gehen die Entwicklungen in unterschied liche Richtungen. Das Mengenplus geht überwiegend auf die sehr gute Ertragsla ge der mittelfrühen und mittelspäten Zwetschensorten zurück. Bei diesen könnte die diesjährige Absatzmenge das Vorjahresniveau um 59 % bzw. 32 % übertreffen. Aber auch bei Spätsorten (+ 12 % im Vergleich zu 2022) und Frühsor ten (+ 6 %) ist die Mengenentwicklung positiv. In Summe wird von einem guten Behang und einer normalen Fruchtgröße berich tet, teils aber bedingt durch die Trocken

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Obst 9

Apfeltag am 18. August Auf dem Programm des diesjährigen Apfeltages, der in Zusammenarbeit mit der Obstbauberatung RLP, der Landwirtschaftskammer NRW und der Universität Bonn statt findet, stehen folgende aktuelle Themen: Bewässerungssensoren, mechanische Bodenbearbeitung,

Kühlmanagement, Agri-PV, Versuchsvorstellungen, Erziehungssysteme, Birnenanbau und Maschinen vorführungen.

Die Maschinenausstellung ist von 9.00 Uhr–16.30 Uhr geöffnet, Auf den beiden Rundgängen, die um 9.30 Uhr und um 13.30 Uhr starten, werden fachliche Informationen in Gruppen an vier Stationen angeboten.

Station 1 Xenia ® /Novembra ® : schmale Bäume besser? Lisa Klophaus, DLR RP Neue Erziehungsformen: schneller? besser? Dr. Lankes/N.N., Uni Bonn Pflanzensensorik für genaue Ernteprognose , Lars Zimmermann, DLR RP Entscheidungshilfe: Frostschutzmaßnahmen, Christine Schmitz, DLR RP

Station 4 (Hof) Warm soll es sein – Infrarotwärme am Arbeitsplatz , euro infrarot Technologie GmbH, Matthias Wigbers Energetische Konzepte in der Kernobstlagerung , Kältetechnik Berndt GmbH Co.KG, Marcus Becker Kühlmanagement mit Lagertechnologie AgroFresh , Birgit Lehnhardt

Zum Apfeltag am 18. August erwartet die Besucher ein umfassendes und interessantes Pro gramm Foto: Valenta

Station 2 Kombigerät Entlaubung mit Vorernteschnitt , Fruit Tec, Adolf Betz Prototyp Fadengerät zur Fruchtausdünnung , Bofix Systems, Maurice Bouwens

Agri PV – Ergebnisse im Obstanbau , Jürgen Zimmer, DLR Rheinpfalz

Schnittholzhäcksler mit Mulchabwurf , Perfect Van Wamel B.V., Marc Mocking Bodenfeuchte – Sensoren im Vergleich: Nextfarming, Plant Care, Weenat

Firmenpräsentation und Vorführungen im Hof

Baumschulen, Bewässerung, Kühltechnik, Lagerung, Obst baubedarf, technik, Pflanzenschutz, Stärkungsmittel und mehr

Station 3 Kombi von mechan. + chem. Bodenbearbearbeitung , Michael Stuch, LWK NRW Mechan. Bodenbearbeitung bei `Gala´ (Versuch) , Janina Wolf/Simon Wiesel, DLR RP Smarte Technik – mehr Fläche/weniger Stress , InnoTrac 2020 GmbH, Dr. Klaus Weidig Vineyard Pilot Assistant , Braun Masch.bau GmbH GPS geführtes H.S.S—Sprühgerät , Henrik Hol

Veranstaltungsort: DLR Rheinpfalz, Universität Bonn Campus Klein Altendorf, 53359 Rheinbach Eintritt: 10,00 € Navigator Koordinaten: N 50.6261; O 6.9882 oder GMS: N 50° 37‘ 33,987‘‘ O 6° 59‘ 17,541‘‘

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Verbesserung der Ausfärbung und Ernteverfrühung

Am Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee wurden in den Jahren 2021 und 2022 bei den Apfelsorten ‚Nicoter‘/Kanzi ® und ‚Minneiska‘/ Sweetango ® Versuche zur Verbesserung der Deckfarbe und Ernteverfrühung durchgeführt. Eine gute Ausfärbung der Früchte wird geför dert durch ein ausgewogenes Blatt-Frucht Verhältnis, kühle Nachttemperaturen vor der Ernte und eine gute Lichtverteilung bis in die unteren Kronenbereiche. Zur Verbesserung der Lichtverteilung in der Obstanlage gibt es unterschiedliche Möglichkeiten und Strategien. Die maschinelle Entblätterung vor der Ernte ist inzwischen bei vielen Obstbaubetrieben in Europa zur Standardmaßnahme geworden, um die Blattfläche pneumatisch im äußeren Kronenbereich zu entfernen.

Baumhöhe lag bei ca. 3,80 m und die Pflücke wurde sektorweise durchgeführt. Die Erntemenge pro Baum lag bei der Kontrolle im Mittel bei 18,5 kg und bei der Variante Entblätterung bei 19,4 kg/Baum. Dieser Unterschied ist gering und sollte keine Auswirkung auf die Ergebnisse zur Fruchtgrößen und Deckfarbenentwick lung haben. Durch die Entblätterung konnte bei Kan zi ® im Jahr 2021 zur ersten Pflücke deut lich mehr Früchte (1,4 kg) geerntet wer den. Zusätzlich war die Deckfarbe bei der zweiten Pflücke mithilfe der Entblätterung deutlich verbessert. Im oberen Baumdrittel traten dabei keine Unterschiede zwischen den Varianten auf (69 % rote Deckfarbe im Schnitt), jedoch wurde dort auch nicht entblättert. Im unteren Baumbereich wur de eine deutliche Verbesserung der Deck farbe bei beiden Pflückterminen durch die Entblätterung erreicht. Die Fruchtgröße wurde zur zweiten Pflücke jedoch stark in der unteren Baumhälfte reduziert (Entblätterung 62,8 mm und Kontrolle 65,3 mm), obwohl bereits im ersten Pflückdurchgang mehr Früchte in den entblätterten Varianten

geerntet wurden. Zusätzlich wurde der Stärkeabbau durch die Entblätterung beschleunigt. Dr. Konni Biegert führte die Versuche zur Verbesserung der Deckfarbe und zur Ernte verfrühung durch

Eine weitere mechanische Möglichkeit ist ein Belichtungsschnitt von Hand mit einer Heckenschere oder einer maschinellen Schneideeinheit. Bei druckempfindlichen Sorten wie Sweetango ® gibt es auch Betrie be, die Blätter von Hand wegzupfen. Kom merziell erhältliche Biostimulanzien werden ebenso damit beworben, eine Stresstole ranz zu fördern und/oder Deckfarbe zu erhöhen. Auch reflektierende Folien, die auf dem Boden der Obstanlage ausgelegt wer den, können die Lichtverfügbarkeit in den Anlagen verbessern (nicht Teil der Studie).

Die Versuche zur Entblätterung wur den mit RedPulse Duo von Fruittec durchgeführt Foto: Biegert

Ergebnisse Sweetango ®

Die Sorte Sweetango ® sollte frühzeitig vor den Hauptsorten wie `Elstar´ oder `Gala´ am Markt platziert werden, weshalb hier

Ergebnisse Kanzi ®

Der Versuch bei Kanzi ® wurde im Jahr 2021 mit den Varianten Entblätterung zehn Tage vor der prognostizierten Ernte und einer Kontrolle durchgeführt. Die

Tabelle: Entwicklung des Streif Index zur Bestimmung bei Sweetango ® pro Wochen aus einer anderen Wiederholung. Die erste Pflücke war am 15.08.2022. Variante 26.07.22 03.08.22 10.08.22 17.08.22 24.08.22 Kontrolle 0,74 0,69 0,21 0,21 0,13 Ethephon 0,74 0,55 0,15 0,20 0,09 Entblätterung –21 Tage 0,74 0,75 0,18 0,18 0,17 Entblätterung –10 Tage 0,75 0,77 0,28 0,24 0,11 Entblätterung –21 Tage + 1 Tag 0,76 0,55 0,27 0,21 0,11

Durch die Entblätterung erhielten die Früch te im unteren und mittleren Bereich der Bäume mehr Licht Fotos (2): Dr. Biegert

Baum vor der Entblätterung

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Abb. 1: Das Erntegewicht pro Baum in Kilogramm für die acht verschiedenen Versuchsvarianten bei Sweetango ® .

neben der Farbverbesserung ein Fokus auf der Ernteverfrühung lag. Für die Ent blätterung wurde daher ein sehr früher Termin (21 Tage vor der prognostizierten Ernte) gewählt, sowie eine Kombination aus früh und nach der ersten Pflücke. Im Allgemeinen hat sich ein Termin zur Ent blätterung von ca. zehn Tagen in der Praxis durchgesetzt, der ebenfalls eine Versuchsvariante war. Nachdem der frühe maschinelle Entblätterungstermin zu deutlichen Druckstellen nach dem ersten Tag geführt hatte, wurden kurzfristig noch drei weitere Bäume händisch entblättert. Die Druckstellen waren zur Ernte jedoch auch nicht mehr deutlich zu sehen. Der Sommerschnitt wurde sieben Tage vor der Ernte mit einer Heckenschere durchgeführt. Die Variante mit Ethephon (Cerone660) ist nicht zugelassen vor der Ernte, wurde aus versuchstechnischen Gründen jedoch als Vergleichsvariante zur Reifebeschleunigung mit untersucht, ebenso die Biostimulanz Haifa Stim Force. Alle Bäume wurden betriebsüblich noch mit Fixor 100 SL (1 Naphthylessig

säure) gegen den Vorerntefruchtfall behandelt. Die drei Pflücktermine waren am 15.08., 22.08. und 25.08.2022. Der Behang in den Sweetango ® Anlagen am Bodensee war grundsätzlich etwas niedri ger im Jahr 2022. In der Versuchsanlage am KOB zeigte sich ebenso ein schwäche rer und teilweise auch inhomogener Behang zwischen den Varianten (Abb. 1). Bäume mit weniger als 3 kg/Baum wur den nicht weiter ausgewertet. Der Behang hat eine große Auswirkung auf die Ent wicklung der Deckfarbe sowie Fruchtgrö ße. Daher sollte dies immer mit im Blick bleiben bei der Ergebnisdiskussion. Vor Versuchsbeginn wurden der Behang visu ell geschätzt und entsprechend die Ver suchsbäume ausgewählt. Der Baumertrag bei der Kontrolle betrug im Schnitt nur 4,6 kg. Über alle Versuchsbäume (Varian ten) lag das Erntegewicht pro Baum bei 5,4 kg und ist dargestellt als gestrichelte Linie in der Abbildung. Der jeweilige Ein zelbaumertrag der Versuchsbäume ist erkennbar als runde Punkte in den farbigen

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Abb. 2: Die Fruchtgröße als gewichtetes Mittel in Millimeter für die acht ver schiedenen Versuchsvarianten bei Sweetango ® .

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Abb. 3: Der Anteil und die Intensität der Deckfarbe in Prozent für die acht verschiedenen Versuchsvarianten beiSweetango ® .

Ernte +1 Tag nach der ersten Pflücke) einen geringen Behang und zusätzlich geringe Fruchtgrößen zur Ernte hatten. Bei der sehr frühen Entblätterung ( 21 Tage vor der Ernte) trat zusätzlich ein Fruchtfall während der Entblätterung mit 0,8 Früchten/Baum auf. Die Biostimulanz zeigte trotz höherem Behang auch eine gute Fruchtgröße. Der praxisrelevante Entblätterungstermin mit zehn Tagen vor der Ernte zeigte keinen negativen Effekt auf die Fruchtgröße, trotz ähnlichem Behang wie die Kontrolle. Die Deckfarbe wird ebenso durch den Baumbehang beeinflusst. Bei Sweetan go ® konnte die händische Entblätterung ( 20 Tage) sowie der Sommerschnitt sie ben Tage vor der Ernte die Deckfarbe stark verbessern (Abb.3). Die Biostimu lanz hatte einen negativen Effekt auf die Deckfarbenentwicklung. Die weiteren Ent blätterungstermine sowie der Einsatz von Ethephon hatten in diesem Jahr bei Sweetango ® zu keiner Verbesserung in der Deckfarbe geführt. Bei Sweetango ® wurde anhand des Erntegewichts eine prozentuale Verteilung der einzelnen Pflücken berechnet. Abb.4 zeigt in Rot den Anteil der Erntemenge an der ersten Pflücke, in Grün an der zweiten Pflücke sowie in Blau an der dritten Pflü cke. Im Vergleich zur Kontrolle konnte der Sommerschnitt den Anteil an der ersten sowie zweiten Pflücke deutlich steigern, obwohl die Bäume einen höheren Behang im Vergleich zu den anderen Varianten hatten. Der Streif Index war zu Beginn der Ver suchsdurchführung bei allen Varianten gleich. Die Reifeentwicklung war jedoch bei der Variante Ethephon stark beschleu nigt. Der Wirkstoff Ethephon hat nur eine Zulassung zur Alternanzbrechung bei Apfel in der Blüte. Ethephon fördert die Reife und damit auch einen beschleunig ten Stärke und Festigkeitsabbau, was

Boxplots. Dies zeigt, wie die Verteilung der Erntemenge der einzelnen Bäume inner halb der Varianten war. Deutlich mehr Erntemenge im Vergleich zur Kontrolle hatten die Varianten Entblätterung ( 21 Tage) sowie die händische Entblätterung ( 20 Tage) (nur drei Bäume im Versuch). Die Fruchtgröße ist in der Abb. 2 darge stellt und zeigt für die Kontrolle eine Fruchtgröße von 74,8 mm im Durch schnitt. Die Varianten mit einem frühen Entblätterungstermin oder Sommerschnitt sowie Ethephon hatten deutlich geringere Fruchtgrößen was sich nicht nur durch den Fruchtbehang erklären lässt, da die zweifache Entblätterung ( 21 Tage vor der

Versuchsaufbau

Der Versuchsaufbau umfasste die untenstehenden Varian ten mit vier Wiederholungen und fünf Bäumen (ausgewer tet) innerhalb einer Parzelle mit mindestens 14 Bäumen/ Variante im schlanken Erziehungssystem. Die Sorten wur den zwei (Kanzi ® ) bzw. drei Mal (Sweetango ® ) vom Ver suchsteam überpflückt und mit einer Aweta Rollerstar sor tiert. Varianten: Kanzi ® (gepflanzt 2006 mit 0,80 x 3,2 m Pflanzabstand) Versuchsjahr 2021 mit den Varianten (Tage vor prognosti zierter Ernte): Sweetango ® (gepflanzt 2017 mit 0,60 x 3.20 m Pflanzab stand) Versuchsjahr 2022 mit den Varianten (Tage vor pro gnostizierter Ernte): – Entblätterung° –21 Tage – Entblätterung° – 10 Tage – Entblätterung° –21 Tage und + 1 Tag (nach der ersten Pflücke) – Händische Entblätterung (abzupfen von Blättern) –20 Tage – Sommerschnitt (Heckenschere) –7 Tage – Biostimulanz Haifa Stim Force 7 l/ha –60 Tage und –30 Tage – Ethephon 0,15 l/ha Cerone660 –14 Tage und –10 Tage nicht zugelassen – Unbehandelte Kontrolle *Fruittec RedPulse Duo mit 0,8 bar und 1,4 kmh in der unteren Baumhälfte °Fruittec RedPulse Duo mit 0,7 bar und 1,7 kmh in der unteren Baumhälfte – Entblätterung* –10 Tage – Unbehandelte Kontrolle

Abb. 4: Der berechnete prozentuale Anteil aus dem Erntegewicht pro Pflücke für die acht verschiedenen Versuchsvarianten bei Sweetango ® .

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wiederum die Lagerfähigkeit der Früchte verringert. Ein Teil der Varianten wurde im Kühllager bis Ende November gelagert. Die Qualitätsanalysen am 30.11. zeigten für Ethephon einem geringeren Zuckerge halt (13,03 °Brix) und Festigkeitswerte (5,96 kg/cm²) im Vergleich zur Kontrolle mit 13,70 °Brix und 6,17 kg/cm² Festig keit. Die Variante Entblätterung ( 21 Tage) und (+1 Tag) lag wie Ethephon bei 13,03 °Brix, hatte jedoch höhere Festigkeitswer te mit 6,4 kg/cm². Auch hier kann die frühe Beeinflussung des Blatt Frucht Ver hältnisses eine negative Auswirkung auf die Zuckerentwicklung haben. Bislang zeigte sich keine negative Auswirkung der Entblätterung auf die Wiederblüte im nächsten Jahr. Eine kürzlich abgeschlossene, zwei jährige Studie vom Versuchszentrum Laimburg in Südtirol untersuchte die Auswirkungen der maschinellen Entblät terung und des Sommerschnitts bei den zweifarbigen Clubsorten Pink Lady ® und Kanzi ® . Christian Andergassen 1 zeigte, dass ca. 25 % Laubfläche der Bäume durch Sommerschnitt und 54 % durch die Entblätterung bei Pink Lady ® und Kanzi ® im Vergleich zur Kontrolle entfernt wurden. Durch die maschinelle Entblät terung wurde somit ein erheblicher Teil der Blattfläche, die zur Photosynthese beiträgt, entfernt. In dieser Studie zeigte sich ebenso eine signifikant negative Auswirkungen auf das Fruchtgewicht 1 Andergassen et al. 2023 im Druck: Sum mer pruning and pneumatic preharvest defoliation affect the light distribution within the canopy and improve the fruit quality of two bicolored apple cultivars Der Pro Kopf Verbrauch von frischem Obst und Gemüse in der EU ist geht zurück. Mit verantwortlich sind nicht nur die wirtschaftlichen Umstände, sondern auch der geringe Verbrauch der jungen Generation. Umfragen zufolge essen nur 12 % der Europäer die empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse täglich. Wäh rend ein Drittel der Bevölkerung nicht mal jeden Tag irgendein Obst oder Gemüse zu sich nimmt. Mit 364 g pro Kopf und Tag lag der Konsum von Obst und Gemüse im Jahr 2021 hinter der von der WHO empfohle nen Menge von 400 g zurück. Für 2022 werden 10 % weniger erwartet. In Krisen zeiten würden die Preise für Obst und Gemüse falsch wahrgenommen. Im Ver gleich zu anderen Lebensmitteln seien sie

und den Zuckergehalt der Früchte durch die Entblätterung, gleichzeitig jedoch auch eine signifikant verbesserte Ausfär bung.

Zusammenfassung

Bei Kanzi ® konnte zur ersten Pflücke mit der Entblätterung deutlich mehr Früchte geerntet werden. Bei Sweetango ® führte die sehr frühe Entblätterung drei Wochen vor der Ernte zu keiner früheren Pflücke, zusätzlich jedoch zu Fruchtfall durch die Maßnahme. Die Terminwahl für die Entfernung der Laubfläche scheint entscheidend und auch die Menge an entfernter Laubfläche. Der Sommerschnitt sieben Tage vor der Ernte sowie die händische Entblätterung 20 Tage vor der Ernte überzeugte bei Sweetango ® mit besserer Ausfärbung und damit höherem Anteil an der ersten Pflü cke (beachten Sie auch den Behang in den Varianten). Der Stärkeabbau war durch die Entblät terung teilweise beschleunigt. Entspre chend der Maßnahmen sollte auch der Erntetermin angepasst werden. Die Zuckergehalte (°Brix) waren in den Vari anten mit Entblätterung geringer. Die Fruchtgröße wurde durch die Ent fernung der Blattmasse negativ beein flusst. Bei kleinen Fruchtgrößen sollte das Entblättern oder der Sommerschnitt über dacht werden. Mit der Entblätterung wird das Blatt Frucht Verhältnis negativ beeinflusst. Dies kann sich auf die Fruchtqualität je nach jährlichen Wachstumsbedingungen aus in Wahrheit weniger von der Inflation betroffen. Nach wie vor spielt der Preis bei der Kaufentscheidung die wichtigste Rol le. In den letzten Monaten habe sich gezeigt, dass die Verbraucher weniger Lebensmittel einkaufen und ihre Einkäufe auf den Beginn des Monats legen. Am meisten Nachfragerückgang müssen Pre miumprodukte und Bioprodukte verkraf ten. Kategorisch bleiben die Verbraucher hingegen bei ihrem Willen, lokal und sai sonal zu konsumieren, über die Herkunft und nachhaltige Produktionsweise ihrer Lebensmittel informiert zu werden und gegebenenfalls auch noch Zubereitungs tipps zu erhalten. Die beliebtesten Gemüsearten in der EU sind Tomaten, Kohl, Möhren, Gurken und Paprika. Beim Obst dominieren

wirken. Die Entfernung von Blattfläche führt gleichzeitig auch zur Verbesserung der Deckfarbe und damit der Pflückleis tung. Eine individuelle Entscheidung zur Entblätterung oder für den Sommerschnitt sollte je nach Obstanlage und Vermark tungsstrategie getroffen werden. Eine Wie derholung des Versuchs ist in Planung. Besonderer Dank gilt den Obstbauern aus Bavendorf Tommy Heilig, Udo Mar schall und Stefan Jehle für die unkompli zierte Durchführung der Versuche mit ihren Fruittec Maschinen, Thomas Kininger für die Durchführung des Sommerschnitts, Lukas Waizenegger (MABO) und Klaus Altherr (WOG) für die Versuchsbegleitung, dem Versuchsteam der Ertragsphysiologe sowie dem Fachbereich Nacherntephysio logie und Lagerung (Leiter Dr. Neuwald) für die Qualitätsanalysen der Früchte im Labor, die Lagerung und den wissenschaftlichen Austausch. Dr. Konni Biegert

Der frühe maschi nelle Entblätte rungstermin führte zu deutlichen Druckstellen an den Früchten, die jedoch zur Ernte nicht mehr klar erkennbar waren

Europäischer Konsum von Obst und Gemüse sinkt

Heidelbeeren sind die Obstart mit dem dynamischsten Wachstum in den letzten Jahren – der Zuwachs im Kon sum geht jedoch weitgehend an den deutschen Erzeu gern vorbei, da der Anbau vorwiegend in Ländern mit deutlich niedrige ren Lohnkosten ausgeweitet wird Foto: Kühlwetter

Äpfel, Bananen, Orangen, Trauben und Pfirsiche/Nektarinen. Heidelbeeren sind die Obstart mit dem dynamischsten Wachstum in den letzten Jahren. Übersetzung Sabine Aldenhoff (Fruits & Légumes März 2023; No. 436)

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Thüringer Kirschentag 2023

Blick auf Herbizide, Sorten, Bewässerung, Schnitt und Marktlage Der traditionelle Thüringer Kirschentag lud Anfang Juli wieder nach Erfurt in die Anlagen des Lehr- und Versuchszentrums für Gartenbau (LVG) im Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR). Es ging um abgeschlossene oder laufende Versuche und die aktuelle Marktlage.

Rahmen der Mitteldeutschen Kooperati on zwischen Sachsen, Sachsen Anhalt und Thüringen wurde vereinbart, dass – angesichts des mit 42 % der Fläche ver gleichsweise hohen Anteils von Steinobst im Obstbau des Freistaates – in Thürin gen vor allem Versuche zu Süßkirsche und Pflaume durchgeführt werden. Des halb liegt auch ein Schwerpunkt im Fach bereich Obstbau des Lehr und Ver

suchszentrums in der Optimierung der Anbauverfahren dieser Kulturen. So lau fen unter anderem Versuche zur Steue rung der Bewässerung bei Süßkirsche im Vergleich zur Mulchabdeckung, Schmale Anbausysteme bei Süßkirschen, zur Unterlagenwahl bei Süß und Sauerkir sche, sowie zur Prüfung neuer Anbauver fahren und Schnitttechniken bei Stein obst.

Dr. Martin Penzel, Referent Obstbau des Lehr- und Versuchszent rums für Gartenbau (LVG) Erfurt im Thüringer Landesamt für Land wirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR), führte die Teilnehmer des Thüringer Kirschentages 2023 durch die Anlagen und erläuterte Versuche

Organisator und Moderator war wie bei den vergangenen Veranstaltungen Dr. Martin Penzel, Referent Obstbau des LVG Erfurt im TLLLR. Seiner Einladung gefolgt waren rund 50 Obstbauern, Anbaubera ter, Vertreter von Versuchsanstalten, Erzeugerorganisationen und Forschungs einrichtungen aus ganz Deutschland. Dass das Erfurter LVG zum Mekka für Kirschexperten wurde, ist kein Zufall. Im

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Ein Rundgang durch die Sortensichtung vom LVG bildete den Rahmen für einen regen Erfah rungsaustausch der Teilnehmer am Rande der Veranstaltung

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Sprach über aktuell erfreuliche Marktlage: Björn Kirchner, Geschäfts führer der Absatzgenossenschaft „Fahner Obst“ eG, Gierstädt

Vorgestellt wurde eine mobile optische Sortiermaschine von Perfect

Anbau ohne Glyphosat?

Kirschsortierung

Das erste gartenbauliche Fachthema des Kirschentages 2023 war die „Glyphosatfreie Unkrautbekämpfung bei Süßkirschen“. Dazu sprach Eveline Maring (TLLLR, Referat Pflanzenschutz und Saatgut), die den Versuch konzipiert, geleitet und ausgewertet hatte. „Unser Herbizid Versuch suchte eine Antwort darauf, was wir auch ohne Glyphosat noch erreichen können“, erläuterte sie den interessierten Teilnehmern des Kirschentages. Dazu haben die Wissenschaftler eine 2016 gepflanzte Süßkirschenanlage verwendet, die in fünf verschiedene Varianten und eine unbe handelte Kontrolle eingeteilt war. Eine Variante wurde zweimal lediglich mechanisch bearbeitet. Die anderen vier Varianten wurden mit verschiedenen Herbiziden behandelt. Dabei wurden total wirkende Herbizide mit Bodenherbiziden kombiniert. Die Anwendung erfolgte zum Unkrautauflauf. Regelmäßige Bonituren, bei denen die von Unkraut bedeckte Fläche und der Wirkungsgrad der Behandlungen erfasst wurde, ergaben eindeutige Ergebnisse. So war beispielsweise offensicht lich, dass das zweimalige mechanische Bearbeiten nicht aus reicht. Die Ergebnisse der Behandlung mit Herbiziden fasste Eveline Maring so zusammen: „Alle Varianten zeigten Mängel. Während die auflaufenden dikotylen Unkrauter gut kontrolliert werden konnten, setzten sich Wurzelunkräuter überall durch. Dabei handelt es sich um Disteln, Windenknöterich und Löwen zahn. Um eine zufriedenstellende Wirkung zu erreichen, müssten Folgebehandlungen z.B. mit MCPA nachgelegt werden.“ Das Fazit von Eveline Maring: „Ganz ohne Glyphosat, wird es schwer werden. Irgendwann bahnen sich die Unkräuter ihren Weg. Den Erzeugern bleibt nur eine Kombination chemischer und mechanischer Verfahren und die Hoffnung auf eine sachge rechte Bewertung von Mitteln.“ Weitere Versuche stellte Dr. Martin Penzel vor. So warfen die Gäste einen Blick auf Spindeln verschiedener Sorten und mit unterschiedlichen Pflanzabständen. Im Mittelpunkt stand ein SSA Versuch (Super Schlanke Achse) mit einem halben Meter Pflanzabstand im zehnten Standjahr. Dazu Dr. Penzel: „Der Vorteil ist hier, dass man wegen des umgehenden Ertragsein tritts eine neue Sorte schnell auf den Markt bekommen kann und der maschinelle Schnitt möglich ist. Der Nachteil liegt im Verkahlen im unteren Kronenbereich, was ab dem 9. Standjahr die Pflückleistung reduziert. Im Gegensatz dazu hatte die Reihe mit einem Meter Pflanzabstand zwar etwas niedrigere Anfangs erträge, ist jedoch auch im unteren Kronenbereich weiterhin produktiv.“ Vor und Nachteile der Spindel

Eine neue Agrosoft Sortiermaschine des belgischen Herstel lers Perfect tut seit kurzem ihren Dienst in der Kühlzelle des Lehr und Versuchszentrums für Gartenbau (LVG) Erfurt. Geschäftsführer Willy Vanderlinden nutzte den Thüringer Kir schentag, um sie dessen Teilnehmern, die die Anlage intensiv fotografierten und diskutierten, in Aktion vorzustellen. Seine Angaben: Je nach Einsatz von Arbeitskräften beträgt die Kapazität zwischen 200 und – theoretisch – 500 kg pro Stun de. Das sei passend für Betriebe mit Süßkirschenanlagen zwischen zwei und fünf ha. Es können auch andere Früchte z. B. Stachelbeeren damit sortiert werden. Für diese Investition hatte das LVG eine Ausschreibung gemacht. Warum die Anlage von Perfect den Zuschlag erhielt, erklärt Dr. Martin Penzel so: „Weil wir mit der mechanischen Sortierung unzufrieden waren, sollte es eine optische sein. Allerdings hatten diese meist wesentlich höhere Kapazitäten und damit auch Preise. Wir aber suchten eine kleinere Maschine unter 50 000 €.“

Ein weiteres Thema war der Unterlagenversuch bei den Sorten `Bellise´ und `Regina´ unter Nachbaubedingungen im 11. Stand jahr. Im vergangenen Jahr hinzugekommene Ergebnisse umreißt Dr. Penzel so: „Auf Gisela 5 hatten die Bäume bei `Regina´ zwar

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